Papageienhaltung – Einzeln oder zusammen?
Verhaltensstörung von Papageien durch falsche Haltung – ein Fallbericht
Lorchen kann sprechen: „Hallo“, „Du Spitzbub“ und „Lorchen will Küsschen“. Der Mohrenkopfpapagei hat allerdings starke Ähnlichkeit mit einem Suppenhuhn, denn Lorchen ist ein „Federzupfer“. Nur der Kopf zeigt noch das schwarze Gefieder, den restlichen Körper hat sich der Vogel selbst kahl gerupft. Auch die nachwachsenden Federkiele haben keine lange Lebensdauer. Feder für Feder zupft sich Lorchen kahl.
Diese Form der Selbstzerstörung stellt ein häufiges Verhaltensproblem bei Papageien dar. Eine Verhaltenstherapie kann helfen. Bleiben die Vögel jedoch unbehandelt, beginnen viele, sich auch die Haut und die darunter liegende Muskulatur anzupicken. Infektionen an den offenen Stellen sind dann häufig der Grund für ein klägliches Ende. Ursache dieser Verhaltensstörung ist fast immer eine reizlose Umgebung, zu wenig Ansprache, Langeweile und der fehlende Sozialpartner.
Wer einmal in Australien war, der hat sie sicher gesehen: Die großen Schwärme der Kakadus. Zu Hunderten sitzen sie in den Bäumen bis diese fast weiß erscheinen und es raubt dem Zuschauer den Atem, wenn die scheuen Vögel als große, schreiende, weiße Wolke davon fliegen. Spätestens in diesem Moment ist klar, dass die Einzelhaltung dieser Vögel in kleinen Käfigen der Vergangenheit angehören sollte.
Wir kennen die Bilder von Papageien, die angekettet oder in Käfigen auf Plastikstangen sitzen und dort für Stunden hin und her wippen oder Dauerlaufen. Auch diese ständigen Wiederholungen einer Bewegung sind Zwanghandlungen, die auf Haltungsfehler hinweisen.
Die meisten Papageien sind Schwarmvögel und viele binden sich sogar lebenslang an einen Partner. Die große Anpassungsfähigkeit der bunten Tiere ermöglicht ihnen auch die enge Bindung zum Menschen einzugehen. Mit dieser enormen Adaption begeben sich auch sogenannte Wildfänge in eine Art „erworbene Domestikation“. Doch der Schein trügt – ein zahmer Papagei muss damit noch lange kein glückliches Haustier sein. Die beschriebenen Verhaltensänderungen sind immer ein Anzeichen dafür, dass die Ansprüche des zahmen und dennoch wilden Tieres, nicht erfüllt werden.
Diese Ansprüche ergeben sich aus dem natürlichen Verhalten der Papageien in freier Natur. So legen die Vögel lange Flugstrecken auf der Suche nach Futter zurück. Als Haustier finden sie das Futter im Napf und so bleibt viel mehr Zeit, zum Klettern oder zum Spielen. Doch hierfür benötigt das Tier die passende Umgebung. Große Kletteräste aus Naturholz mit Baumwolltauen zum Klettern, Schaukeln und jeder Menge Spielzeug gehören zur artgerechten Haltung eines Papageis. Auch der Zoohandel hat auf dieses Defizit reagiert und bietet viele Artikel für einen Abenteuerspielplatz an.
Um das Tier zu beschäftigen sollte die Suche nach Nahrung erschwert werden. An langen Ästen befestigtes Obst wird vom Vogel erklettert und gepflückt und Knabberstangen können eine echte Herausforderung sein, wenn sie an schwer zugängliche Stellen hängen. Die jahreszeitlich unterschiedlichen Obstsorten bringen ihrerseits Abwechslung in den Speiseplan.
Die meisten Papageien fühlen sich nur in der Gruppe oder zu zweit richtig wohl. Aber die Vögel sind wählerisch! Nicht jeder Romeo wird von Lorchen akzeptiert. Manchmal braucht es ein paar Versuche, bis der „Richtige“ endlich dabei ist.
Doch das Papageienglück hat seinen Preis, denn wenn der Vogel die Wahl zwischen „seinem“ Menschen und dem arteigenen Partner hat, wird er sich eher letzterem zuwenden. Er „verwildert“, spricht häufig weniger und ist auch nicht mehr so zahm wie vorher. Um die vermeintliche Zuneigung des gefiederten Hausfreunds nicht zu verlieren, scheuen sich viele Besitzer eines Papageis vor den Änderungen der Haltung oder der Anschaffung eines Artgenossen.
Lorchen bekam einen Partner und einen großen Spielplatz in einem größeren Käfig. Die Federn wuchsen auch an den Schwingen wieder nach und so kann sie heute mit „Maxl“ den täglichen Freiflug am Nachmittag aus vollen Zügen genießen.